Igel gefunden - was tun?
Um hilfsbedürftigen Igeln sachgerecht zu helfen, genügt nicht allein Tierliebe! Igelfinder sollten sich unbedingt mit einer Igelstation und/oder einem Tierarzt in Verbindung setzen. Dort wird der Igel medizinisch behandelt und fachkundiger Rat erteilt. Ohne Hilfe sind verwaiste Igelsäuglinge sowie viele kranke und verletzte Igel zum Tod verurteilt.
Pro Igel e.V. ist ein überregionaler bundesweit tätiger Igelschutzverein, der sich durch Öffentlichkeitsarbeit und zahlreiche Publikationen für den Schutz des heimischen Igels einsetzt. Auf der Internetseite des Vereins können Sie sich über die aktuelle Literatur, den Lebensraum und über die Fütterung der Igel informieren. Des Weiteren bietet die Seite diverse Broschüren zum Download an.
Im folgenden Abschnitt finden Sie einen kurzen Überblick zu dem Thema.
Welche Igel brauchen Hilfe?
Hilfsbedürftig sind:
Verletzte Igel
- Oft deuten schon Fundort und -umstände (Straße, Bauarbeiten) auf Verletzungen hin. Tiere, die vermutlich tagelang in Gruben, Lichtschächten o.ä. ohne Wasser und Futter gefangen waren, brauchen ebenfalls Hilfe.
- Man erkennt sie meist daran, dass sie tagsüber Futter suchen, herumlaufen, -torkeln oder -liegen. Auf kranken Igeln (wie auch auf Säuglingen und Verletzten) sitzen in der warmen Jahreszeit häufig Schmeissfliegen, die ihre Eier ablegen. Kranke Igel sind apathisch, rollen sich kaum ein, sind oft mager (Einbuchtung hinter dem Kopf, herausstehende Hüftknochen). Ihre Augen stehen nicht halbkugelig hervor, sie sind eingefallen, schlitzförmig.
- Igeljunge, die sich tagsüber ausserhalb ihres Nestes befinden, noch geschlossene Augen und Ohren haben und sich womöglich kühl anfühlen, sind mutterlos und benötigen dringend Hilfe.
- Auch solche Igel findet man hauptsächlich bei Tag. Es kann sich um kranke oder schwache Alttiere handeln; öfter sind es Jungtiere, die spät geboren, evtl. auch krank sind und/oder sich wegen des geringen Nahrungsangebots im Spätherbst kein für den Winterschlaf ausreichendes Fettpolster anfressen konnten.
- Ausnahmen bilden aufgestörte Igel. Wenn Laub- oder Reisighaufen entfernt, Holzstapel abgebaut, in Garten und Parks gearbeitet, Baumaßnahmen begonnen werden oder Hunde herumstöbern, können Igelnester zerstört sein. Dann sucht auch ein gesundes Tier tagsüber einen neuen Unterschlupf. Manchmal wechseln säugende Igelweibchen tagsüber zwischen Aufzuchtnest und einem weiteren Tagesschlafplatz.
Gesetzesvorschriften
In Deutschland ist es generell verboten, Tiere der besonders geschützten Arten - und dazu zählt der Igel - aus der Natur zu entnehmen. Die einschlägigen Gesetzesvorschriften erlauben jedoch, hilfsbedürftige Igel sachgemäß aufzuziehen bzw. gesund zu pflegen.
Das Ziel jeder Igelhilfe muss sein, die Tiere so bald wie möglich wieder gesund in die Freiheit zu entlassen.
Checkliste Erste Hilfe
Pflegeprotokoll anlegen
- Funddatum, -uhrzeit, -gewicht und genaue Fundstelle notieren. Damit beginnt das Pfegeprotokoll, in das weiterhin Gewichtszunahme, Tierarztbesuche, verabreichte Medikamente usw. eingetragen werden.
- Das ist vor
allem bei Alttieren in den Sommermonaten wichtig, da es sich um ein säugendes Muttertier handeln kann. Zur Geschlechtsbestimmung den Igel sanft über den Rücken streicheln bis er sich ausrollt, dann
mit der flachen Hand langsam in Seitenlage bringen, damit die Bauchseite sichtbar wird.
- Männchen: Hautiger Knopf (Penisöffnung) in der Mitte der hinteren Körperhälfte.
- Weibchen: Scheide unmittelbar vor dem After.
- Dazu muss man auch Kopf, Bauchseite und Beine inspizieren.
- Eine Unterkühlung ist vorhanden, wenn sich das Tier an der Bauchseite deutlich kälter als die eigene Hand anfühlt. Eine mit gut handwarmem Wasser gefüllte Gummiwärmeflasche umwickelt man mit einem Frotteehandtuch (ohne Aufhänger, ohne Löcher oder heraushängende Fäden - Verletzungsgefahr!) und legt sie in einen passenden, hochwandigen Karton. Darauf setzt man den Igel und deckt ihn mit einem weiteren Handtuch zu.
- In der warmen Jahreszeit findet man Fliegeneier und -maden in Wunden, aber auch in den Körperöffnungen (Ohren, Mund, After etc.) unverletzter, jedoch kranker und schwacher Tiere. Diese müssen unverzüglich entfernt werden. Fliegeneier sind weißliche, etwa 1,5 mm lange aneinanderklebende Stäbchen, Fliegenmaden kleine weißliche Würmchen. Man sammle sie sehr sorgfältig mit der Pinzette ab. Igelflöhe lassen sich am besten mit einem speziellen Spray (keinen Puder verwenden!) - aus der Zoohandlung oder vom Tierarzt entfernen. Zecken nicht mit Öl, Nagellack oder Klebstoff behandeln! Man fasst sie mit einer Pinzette möglichst dicht an der Haut des Igels und zieht sie ruckartig heraus. Die Tiere sollten nur in absoluten Ausnahmefällen gebadet werden, denn diese Prozedur stresst sie zusätzlich.
- In jedem Fall und so bald wie möglich sollte man eine Igelstation und/oder den Tierarzt aufsuchen. Verletzungen zu versorgen ist Sache des Tierarztes; er hilft (wie auch die Igelstation) bei der Entfernung von Außen- und Innenparasiten. Außerdem kann er mit den entsprechenden Präparaten auch sehr geschwächten Tieren helfen. Ein kranker oder verletzter Igel ist dringend auf fachmännische Hilfe angewiesen - Unterkunft und Nahrung allein helfen ihm nicht!
- Igel sind Einzelgänger. Jeder Igelpflegling braucht also eine eigenes Gehege mit ausreichend Platz und ein Schlafhäuschen. Lesen Sie mehr über die sachgemäß hergerichtete Unterkunft.
- Katzen- oder
Hundedosenfutter oder Hackfleisch (kurz anbraten, nie roh geben!) oder Rührei (ohne Gewürze, aber mit etwas Öl in der Pfanne garen, mit der Gabel zerkleinern). Zum Trinken ein Schüsselchen Wasser
(niemals Milch) hinstellen. Schwachen Tieren flößt man mittels einer Plastik-Einwegspritze (natürlich ohne Nadel!) lauwarmen, ungesüßten Fenchel- oder Kamillentee ein.
Frisst der Igel in der Nacht nach der Aufnahme nicht von selbst, ist unverzüglich der Tierarzt oder die Igelstation zu benachrichtigen, da er dann meist Flüssigkeit per Injektion oder „Zwangsfütterung“ benötigt. Neben der medizinischen Versorgung ist das A & O der Igelpflege die richtige Fütterung.
- Kotuntersuchungen sind bei Igeln ungemein wichtig, denn sie geben Aufschluss über die Menge und Art des Befalls mit Innenparasiten und über bakterielle Infektionen. Den Kot von zwei Tagen sammelt man in einem gut verschließbaren Gefäß (z. B. in einem Filmdöschen) und schickt ihn an ein entsprechendes Labor. Tierarzt, Igelstation und Veterinäramt nennen Adressen, nehmen manche Untersuchungen aber oft auch selbst vor.
- Haben Tierarzt oder Igelstation erkannt, dass das aufgenommene Tier keiner menschlichen Hilfe bedarf, muss der Igel umgehend an seinen Fundort bzw. in dessen unmittelbare Nähe zurückgebracht werden.